Katerstimmung! Jetzt sind die schönen Feiertage erst einmal um – Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten. Die Frühlingspracht ist schon fast verblüht, der Sommer klopft an, die Schule geht in die heiße Phase bis zu den Zeugnissen. Es geht alles so schnell – oder geht es euch anders? Die ersten Terminanfragen kommen für die Zeit ab September. Wann wird es da eigentlich dunkel? Aber erst einmal einen Tag nach dem anderen … Zu viele Abschiede waren dabei in letzter Zeit hier in unseren Gemeinden … – Aber daneben kommen auch die fröhlichen Anlässe, Taufen, Hochzeiten oder jetzt am Wochenende die ersten unserer Konfirmationen. „Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen“, sagt Gott selbst im Wochenspruch für diese Woche. Gott ist am Wirken. Lassen wir ihn auch zum Zuge kommen? Beten wir genug um dieses Wirken des Geistes? Vertrauen wir genug? Wagen wir Aufbrüche zu neuen Ufern? Lassen wir Redemanuskripte durcheinanderwirbeln und fangen an Beiträge neu zu buchstabieren? Machen wir die Kirchentüren weit auf und lassen den heiligen Geist herein und heißen wirklich jeden, jede willkommen, die der Geist mitbringt? Vertrauen wir an der Urne, am Sarg dem Geist, der lebendig macht selbst durch den Tod hindurch? Nehmen wir uns an, einander, in einer Ehe, einer Freundschaft: den anderen als Geschenk des Himmels, mit dem der Heilige Geist mich zusammengebracht hat? Glauben wir, dass da noch mehr geht als einzig Waffenlieferungen – wenn Menschen im Namen des Geistes um Frieden beten? Spüren wir, wie sie wahr wird, Jesu Zusage: Ich bin bei euch alle Tage? Selbst an einem ganz einsamen Tag bringt der Geist immer noch Gott zu mir und zu dir? „Es soll durch meinen Geist geschehen“, sagt Gott. Alles wird möglich. Alles ist möglich.

Bleibt behütet! Euer Pastor Gerald

Ein ganz besonderes Wochenende liegt hinter mir. Mit dem Friesenverein unterwegs nach Helgoland, durfte ich Nordfriesen, Ostfriesen und Westfriesen gleichermaßen kennenlernen und die Gastfreundschaft der beiden Helgoländer Kirchengemeinden, der katholischen genauso wie der evangelischen. So durften wir dann am Sonntag gemeinsam einen Gottesdienst feiern: in den verschiedenen friesischen Sprachen, mit einem Vaterunser in Halunder (der Sprache der Helgoländer Friesen), mit ganz vielen Mitwirkenden, die über Glaube, Hoffnung und Liebe erzählten, sehr persönliche Geschichten und Begebenheiten.

Ich selber durfte die Predigt auf Hochdeutsch halten – ja ja, mit hessischem Einschlag, ich weiß! Und dann war auf dem Marktplatz noch ein Trachtentreffen, und die verschiedenen friesischen Trachten wurden vorgestellt. Wunderschön, wie in die friesische Tracht auf Föhr die Symbole für Glaube, Hoffnung und Liebe - Kreuz, Anker und Herz – eingearbeitet sind. Es ist das, was bleibt, schreibt Paulus. Glaube, Hoffnung, Liebe. Das, was trägt in den entscheidenden Momenten des Lebens. Und es ist doch auch wirklich so: wenn ein Kind geboren wird, dann wünschen wir neben Gesundheit doch vor allem, dass es beflügelt wird von Hoffnung, dass es Vertrauen findet und glauben darf, dass es kein Kind des Zufalls ist, sondern einzigartig und von Gott gewollt. Und dass es geliebt wird ein Leben lang und selber lieben lernt mit ganzem Herzen. Wenn wir von einem Menschen Abschied nehmen müssen, ist es das doch, was uns trägt: die Erinnerungen an gegebene und empfangene Liebe vor allem. Und dann, dass wir eine Hoffnung haben, die weiter reicht als dieses Leben und einen Glauben, dass wir diesen lieben Menschen nun in Gottes Hand legen dürfen. Und wenn wir innehalten im Leben, weil ein Ereignis uns zum Anhalten zwingt, wenn wir über unser Leben nachdenken, ist es dann nicht ähnlich: dass wir in solchen Zeiten nach Gott fragen? Empfänglich sind für Gesten und Worte, die uns neu Hoffnung geben? Und vor allem für Zeichen der Zuwendung und Liebe, die uns Kraft geben dieses Leben wieder anzunehmen und uns ihm zu stellen? Glaube – Hoffnung – und das Wichtigste: die Liebe! Das ist die Währung, die nie an Wert verliert, gerade auch dann nicht, wenn wir eifrig in dieser Währung geben! – Dieses Zusammenkommen mit Friesen der verschiedenen Herkünfte und Sprachen. Dieses freundschaftliche Miteinander. Hat mich sehr gestärkt. Glauben – Hoffen – Lieben – : wir haben es miteinander geteilt. – Und morgen, wenn wir unseren Blick gen HImmel erheben, an Christi Himmelfahrt denken, vergesst nicht: er ist nicht da oben irgendwo in den Weiten des Universums. Zumindest nicht nur. Er ist hier unten auf der Erde. Bei den Menschen, die dir begegnen. Und in dir, um dich, bei dir. Und wo du glaubst, hoffst und liebst. Da hat er längst Wohnung in dir bezogen. Denn Himmel ist mitten unter uns. Und oft genug auch tief in uns drinnen.

Bleibt behütet! Euer Pastor Gerald

Eigentlich hätte er jetzt längst schon wieder eine Runde gemacht in unserem Garten, nach dem Rechten gesehen, etwas gewerkelt. So wie er uns letzte Woche noch die Stockrosen gesetzt hat. Und die Wasseruhr angeschlossen, weil wir gerne vergessen den Wasserhahn vom Rasensprenger auch wieder abzudrehen. So wie er immer zur Stelle war, wenn wir Hilfe brauchten. Kürzlich, als das neue Bett durch das enge Treppenhaus zu unserer Tochter nach oben gebracht werden musste – er wusste, wie anzupacken war. Oder damals, als er die Idee hatte, in der Adventszeit das Pastorat mit vielen Lichterketten zu schmücken und er es sich letzten Advent nicht nehmen ließ auch noch mit der Leiter in den hohen Giebel zu klettern um auch dort über der Eingangstür eine Lichterkette anzubringen. Irgendeinen hintergründigen Spruch gab es auch meist, der uns zum Lachen brachte. Und wenn ich am Haus vorbeiging mit Hund, winkte er immer, und unser Hund freute sich! - Er war und wird es immer bleiben; ein ganz besonderer Freund! - Und dann ist er von einem auf den nächsten Moment gegangen. Draußen auf seinem Grundstück. Mitten in der Arbeit. War seine Uhr einfach so – abgelaufen. Und jemand rief ihn nach Hause in die Ewigkeit von Gottes liebender Nähe. – Das Leben ist so kostbar. Keiner, keine kennt Zeit und Stunde. Jeden Tag als Geschenk nehmen. Etwas anfangen mit diesem Geschenk. Spuren der Liebe hinterlassen. Dankbar sein. In Zeiten wie diesen werde ich daran wieder erinnert. Manchmal vergesse ich es zu schnell im Alltag. – Wir hätten letzte Woche nochmal draußen einen Kaffee zusammen trinken sollen! Ach, es gäbe so viele hätte! Ändern kann ich es jetzt nicht mehr. Ich weiß nur, dass da ein Platz im Herzen leer bleiben wird. Oder besser: randvoll mit schönen Erinnerungen. Die weh tun, aber auch ein Schatz sind. Ich kann nur DANKE sagen! – Dass die Sonne einfach so weiter aufgeht. Dass das Leben einfach weitergeht. Unfassbar. Irgendwie auch so ungerecht. So empfinde ich gerade … Er hätte einfach dazu gehört, auch heute, auch morgen! Aber ohne den Glauben könnte ich es gar nicht ertragen. Dass da jemand für uns sorgt. Uns begleitet. Uns ruft, irgendwann. Und wir bei ihm geborgen sind. In Liebe und Frieden. Und uns sogar dort einmal – wie immer das dann aussehen wird – wiedersehen. – Jeder Moment ein Geschenk!

Bleibt dankbar und behütet!

Zölibat für Politiker/innen? Ich weiß nicht. Ich fühle mich zunehmend unbehaglich. Ich bin froh, dass Menschen in die Politik gehen. Und dass wir in unserem Land die Regierung auf demokratischem Weg wählen können. Ich bin froh, dass Menschen Verantwortung übernehmen. Ich wollte sie momentan nicht tragen, diese Verantwortung: Waffen liefern in die Ukraine oder nicht, und wenn, welche? Wie können wir verhindern, dass der Krieg zum Dritten Weltkrieg wird, und trotzdem der ukrainischen Regierung helfen wirksam dem Angreifer entgegenzutreten und das eigene Volk zu verteidigen? Gasboykott sofort oder später, welche Folgen hat was, und sind sie verantwortbar? – Ich bin froh, dass darüber in unserem Land offen diskutiert werden kann und Menschen Entscheidungsträgerinnen und -träger sind. Aber mir macht Sorge, welcher Maßstab an diese angelegt wird. Da übernimmt ein neuer Generalsekretär bei der CSU, und die Presse hat nichts Besseres zu tun als zuallererst die Doktorarbeit auf mögliche Plagiate unter die Lupe zu nehmen. Da verabschiedet sich eine junge Umweltministerin wenige Tage nach der Flutkatastrophe in einen Urlaub, der aus besonderen familiären Gründen dringend notwendig war – und alle hauen auf sie ein, ereifern sich, als wäre sie die Ministerpräsidentin oder das einzige Kabinettsmitglied und würde aus reinem Vergnügen jetzt Urlaub machen. Da nimmt eine Verteidigungsministerin in einem Dienstflugzeug ihren Sohn mit, weil ihre Reise anschließend privat weiter nach Sylt gehen soll, und bezahlt, wie vorgesehen, auch die Kosten, und alles ist rechtlich so möglich – und die Presse tituliert sie mit Helikoptermama und im sozialen Netz ergeht sich der Shitstorm. – Versteht mich nicht falsch: oft genug gibt es Amtsmissbrauch, und es ist wichtig, dass genau hingeschaut wird. Und dennoch: Reden wir nicht immer von Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, damit gerade auch jüngere Menschen, auch jüngere Mütter für Politik und andere Führungsrollen gewonnen werden – und dann schielen wir nur argwöhnisch auf mögliche Fehltritte? Als Politikerin bleibt wenig Zeit für Privatleben. Soll gar keines mehr möglich sein und ein Politikmensch nur noch für sein Amt und den Staat leben, dann bitteschön lasst uns das Zölibat wie in der katholischen Kirche fordern, das wäre dann folgerichtig! Ich bin froh, dass Menschen Verantwortung tragen in unserem Land, die auch Familie haben, auch Rücksichten nehmen auf Ehepartner, Kinder, Eltern und nicht immer rund um die Uhr verfügbar sein können. Und ich möchte keine Politiker ins Burnout übergeben, weil man von ihnen ganz viel fordert, aber ihnen keinen Rückzugsraum zum Auftanken mehr gönnt. – Als Pastor bin ich ja auch oft genug zu Zeiten unterwegs, wo andere Familienzeit haben. Oft genug kam ein Anruf auch im Urlaub oder am Wochenende, wenn wir gerade loswollten auf einen Ausflug, und ich wurde dringend wohin bestellt. Meine Familie macht das mit, da bin ich sehr dankbar. Aber umgekehrt genieße ich auch die freie Zeiteinteilung. Ich konnte mit den Kindern unter der Woche zum Arzt, wenn etwas dringend war. Ich nahm gerne meine Kinder mit auf Besuche zum Geburtstag oder Ausflüge der Frauenhilfe. Auf der Gemeindefahrt nach Israel haben sie mich begleitet. Das war bereichernd für mich, und ich denke auch für meine Gemeinde. – Bitte lasst auch allen in der Politik Tätigen etwas Zeit für ihr Privatleben. Natürlich braucht es dazu viel Fingerspitzengefühl, den richtigen Spagat hinzubekommen. Aber wir sollten, finde ich, etwas gnädiger mit ihnen sein. Ich bin froh, dass Menschen Verantwortung übernehmen. Gerade in Zeiten wie diese. Dass wir auch ein paar jüngere, engagierte Leute wie etwa unsere Außenministerin in hohen Ämtern haben, die Familie und Beruf zusammenbringen müsen. Und ich finde es gut, sehr gut sogar, dass sie eine familiäre Erdung haben! Aber das ist jetzt einfach mal – meine Meinung! – Bleibt behütet!

Morgen ist Sonntag Jubilate! Im Mittelpunkt steht der Anfang - ja, ganz vorne geht es morgen los: Predigttext ist die Schöpfungsgeschichte: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“ – Damals war alles sehr gut - wir Menschen haben seitdem viel Zerstören angerichtet auf dieser Erde. Die Natur wird zerstört, die Lebensräume von Tieren und Pflanzen immer mehr beschnitten. Gott hat uns in die Welt wie in einen Garten hineingestellt um alles zu pflegen und zu bewahren. Es gibt ganz viel zu tun. Und Krieg muss auch dringend aufhören.

Der Mensch ist Gottes Ebenbild – jeder Mensch, gleich welcher Herkunft und Nationalität ist unwiderbringlich, einzigartig und kostbar in Gottes Augen und hat eine unverlierbare Würde und das Recht sein Leben in Freiheit zu gestalten. Millionenfach wird dieses Recht durch andere Menschen jeden Tag mit Füßen getreten auf dieser Welt. Gott leidet mit an all der Gewalt, die Menschen einander antun. Er wünscht sich so sehr, dass wir Menschen endlich Frieden lernen. Wir durften gestern eines von den wunderbaren Wundern der Schöpfung erleben: wieder nistete eine Ente auf unserem Reetdach am Pastorat, und gestern sind die Enten geschlüpft. Mit einem gewaltigen Klatsch mussten sie erst vom hohen Dach ziemlich unsanft auf dem asphaltierten Boden landen. Aber dann ging es schnell Richtung Wasser. Gute Reise, bleibt gut behütet, kleine Entenfamilie!

Und ihr auch – bleibt behütet!

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Da ist eigentlich schon alles besprochen und geklärt. Ich bin auch in Zeitdruck, der nächste Termin wartet. Ich stehe an der Tür um mich zu verabschieden. Da hält mich mein Gastgeber nochmal am Arm: „Da fällt mir noch etwas ein.“ Und er fängt noch einmal an: eine Geschichte aus seinem wirklich bewegten Leben zu erzählen. Ich spüre den Zeitdruck in mir, aber zugleich merke ich auch, wie es meinem Gegenüber wichtig ist diese Geschichte noch loszuwerden. Wer weiß, wann wir die nächste Gelegenheit dazu hätten … – Da hat Johannes sein Evangelium wunderbar abgeschlossen mit dem Hinweis, es gäbe noch viele andere Zeichen und Wunder, die Jesus getan habe. Und alles, was in dem Evangelium aufgeschrieben ist, diene dazu den Glauben an Jesus, den Retter, zu bestärken. Und der geneigte Lesende ist schon dabei das Buch zuzuschlagen – da merkt er: es folgt noch etwas.

Johannes schiebt noch etwas hinterher. Oder ist es ein Nachtrag eines anderen, der später das Evangelium noch ergänzt. So genau wissen wir das nicht. Auf einmal scheinen wir wieder an den Anfang zurückversetzt: die Jünger am See Genezareth, wo alles begann. Ohne Jesus. Sie tun das, was sie ursprünglich mal gelernt hatten: Fischer sein. Aber die Netze sind leer – wieder einmal (da war doch etwas ganz am Anfang der Geschichte mit Jesus). Und wieder ist da ein Fremder am Ufer, der sie noch einmal auf den See hinausschickt. Und sie tun es. Und auf einmal :ein riesiger Fang. Jetzt verstehen sie, wer der Fremde ist: Jesus. Der Auferstandene. Er ist ja noch immer da. Er wird sie auch weiter begleiten. Auch beim alltäglichsten Tun. Das ist das Schöne! Jesus steht am Ufer und brät Fisch. Wo immer er den her hat, denn die Jünger haben ihren Fang ja noch gar nicht an Land gebracht. Aber Jesus sorgt eben auch weiter für die Seinen. Auch wenn deren Netze mal leer, deren Hände mal leer, deren Herzen mal leer ist. Er sorgt für uns und bringt seine Fülle in unsere Leere. Und dann fragt er auch Petrus, ausgerechnet Petrus, der ihn dreimal verleugnet hat: Hast du mich lieber als die anderen? Petrus wird ganz bedrückt: Nicht lieber, das will sich Petrus nicht anmaßen, aber lieb hat er seinen Jesus, sehr lieb. Dreimal fragt ihn Jesus, dreimal bestätigt Petrus. Damit kann er alles wieder gut machen, was er in der anderen Nacht, wo er dreimal geleugnet hat Jesus zu kennen, verbockt hatte. Die Uhren werden wieder auf Anfang gestellt. „Weide meine Lämmer“. Sagt Jesus. Er nimmt sein großes Vertrauen in Petrus nicht zurück. Er baut auf ihn. Schuld ist vergeben. Eine neue Zukunft steht offen. – Es war nach diesen 20 Kapiteln Johannesevangelium eigentlich schon vieles gesagt, aber längst noch nicht alles. Und dieses 21. Kapitel erinnert alle noch einmal daran: Jesus ist auferstanden, aber er ist dennoch da. Mitten im Alltag kreuzt er unsere Wege. Sieht, wo es uns schlecht geht. Schenkt einen neuen Anfang. Schenkt Vergebung. Und wenn wir mit leeren Händen, traurig und zweifelnd da stehen, wird auch uns irgendwo jemand begegnen, fremd und doch so vertraut, und uns erinnern: Jesus ist noch immer da. Er ist bei dir. Mit ihm bist du nicht verloren. –

Morgen ist das 21. Kapitel bei Johannes Predigttext. Gerne auch, wenn ihr mögt, in Neugalmsbüll um 8.30 Uhr nach unserer Vogelstimmenwanderung (um 8 Uhr) über den Friedhof – in Klanxbüll um 11.00 Uhr.

Bleibt behütet!