Jesus spricht: „In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ (Johannes 16,33) – Es gibt Zeiten, da fangen Bibelverse, die man schon oft gehört hat, besonders zu reden an. An einem unbeschwerten Tag im Urlaub klingen diese Zeilen bei Johannes auch schön und tröstlich und rauschen doch schnell auch an den Ohren vorbei: Das Leben ist schön, von Angst keine Spur, von Freude, Lebensfreude um so mehr. Und Weltüberwindung – erst einmal möchte ich doch noch bisschen genießen von der Schönheit der Welt und ihrer Wunder! – An Tagen wie diesen dagegen rührt dieser Spruch einiges in mir an – und vielleicht geht es euch auch so. Ja, Angst – Angst ist da. Die habe ich auch. Angst vor einer weiteren Ausbreitung des schrecklichen Krieges, Angst sich womöglich irgendwann mit den Nachrichten zu arrangieren und nicht mehr zu spüren, welch ungeheuerliches Unrecht da gerade geschieht. Angst, wie es überhaupt mit dieser Welt weitergeht, die uns doch vor ganz andere Herausforderungen stellen sollte, als dass wir Kriege führen: Klimakatastrophe, Hunger auf der Welt. Angst um unsere Kinder – werden sie auch einmal auf Jahrzehnte des Friedens zurückschauen können in ihrem Leben? – „In der Welt habt ihr Angst“, sagt Jesus so selbstverständlich. Auch Glaube braucht kein Heroentum, braucht keine Helden, die unberührt von allem Leid und jeder Gefahr kühlen Kopf bewahren und ihren Weg gehen. Dass Jesus im Angesicht seines Todes gezagt hat, im Garten Gethsemane Gott bat, wenn es möglich ist doch den Kelch des Leides an ihm vorübergehen zu lassen: das finde ich riesig tröstlich! Angst dürfen wir haben, auch wenn wir noch so sehr im Glauben stehen, Angst um die Zukunft, Angst um unsere Lieben, Angst um uns, Angst auch angesichts von Prüfungen, Leid, Krankheit und Tod. – Aber noch etwas dürfen wir wissen: die Welt ist überwunden durch Jesus. Ich höre da heraus: Die Welt ist nur etwas Vorläufiges. Das Schlimme, was auf Erden geschieht, macht Angst, aber wird niemals siegen. Gott hat das letzte Wort. Und mit ihm der Frieden, die Liebe, die Hoffnung. Wir sollen tun, was wir können, um diese Welt zu einem gerechteren, solidarischeren, friedlicheren Ort zu machen. Aber wo wir manchmal Geschehnissen so hilflos ausgeliefert sind wie momentan so viele Menschen in der Ukraine und auf der Flucht - sollen wir wissen: Gott ist da. Gott ist stärker. Alles kann uns auf Erden entrissen werden - aber niemals Gottes Liebe. Und niemals der Glaube an Gott, der nicht einfach zusieht, sondern vor dem alle Gewalttäter einmal stehen werden, arm und unbewaffnet. Und Gott, der einmal aus allen Trümmern neue Hoffnung erstehen lässt. – Ob das Menschen in Luftschutzbunkern hilft? Manchmal ist es alles, was ihnen geblieben ist: die Hoffnung: Gott sieht das. Er ist auch jetzt bei mir! Wie immer das ausgeht hier: es wird nicht das Ende sein! – „Seid getrost“, sagt Jesus. Er kommt um zu trösten, zu stärken und Hoffnung zu wecken. Das brauchen wir in diesen Tagen – und andere 1400 Kilometer und mehr Richtung Osten ganz besonders.

Bleibt behütet!

Freuen – das ist die Überschrift für die vierte Woche der Passionszeit bei der Fastenaktion der Evangelischen Kirche in Deutschland in diesem Jahr. Und erzählt wird hierbei Jesu Gleichnis vom Senfkorn: Das Himmelreich gleicht so einem Senfkorn, das ein Mensch auf seinen Acker sät als das kleinste unter den Samenkörnern – und dann wird daraus ein großer Baum, dass die Vögel in seinen Zweigen wohnen. (Matthäus 13,31-32). Freude – ein Wort wie aus einer anderen Welt in diesen Tagen, wo uns allen das Freuen gerade schwer fällt. Zu groß ist die Not unweit unserer Haustür dort in der Ukraine. Und manche Sorgen in unserem Land haben auch Gewicht: hohe Preise. Angst vor einer Coronaansteckung. Die drohende Klimakatastrophe. Und immer wieder der Krieg. Manchmal empfinde ich dann doch so einen Moment der Freude. Am Samstag waren wir einfach mal in Familie spontan Frühstücken in Niebüll. Irgendwie auch ein komisches Gefühl – darf man frühstücken gehen, schön in einem Café, wenn wo anders Menschen leiden und sterben? Und doch tat es so gut in Familie zusammenzusitzen, den Augenblick, der uns momentan noch kostbarer geworden ist in dieser unsicheren Weltlage, zu genießen und mal über ganz anderes reden zu können. Das Himmelreich gleicht einem Senfkorn, das zum Baum wird. Das ist die Freude der Bibel: das aus wenig so viel werden kann. Aus einem Schritt ein großartiger Weg. Aus einer Tat eine notwendige Revolution. Aus einem Wort ganz viel Trost. Aus einem Moment voller Glück ganz viel Dankbarkeit. – Ich denke an das Mädchen, das im Bunker in Kiew auf einmal zu singen anfängt: ein Lied aus einem Disney-Musical. Und auf einmal ist für einen Moment die ganze Trostlosigkeit und Angst weg. Und Menschen versenken sich in die Musik, in die Stimme. Ein Moment der Stärkung, unbezahlbar! Ein Senfkorn. Mehr ist es vielleicht nicht. Wenn wir hier eine Spende überweisen, Drogeriebedarf für einen Hilfstransport sammeln, einen Flohmarkt für ukrainische Flüchtlingsfamilien, die hier ankommen, planen. Und doch – für die, die mitmachen. Ist es ein Trost etwas tun zu können. Und für die, für die das ganze gedacht ist, vielleicht doch ein Gefühl angekommen und willkommen zu sein. Vielleicht fangen so Bäume in den Himmel zu wachsen an wie in Jesu Gleichnis! Bleibt behütet. Vergesst nicht die Freude. Und vertraut, dass mit Gottes Hilfe aus kleinen, unsicheren Anfängen etwas Großes werden kann. Und was Hoffnung gibt, ist immer groß!

 

 

 

 

 

 

 

 

Vertraut

Wie liegt die Welt so frisch und tauig vor mir im Morgensonnenschein.

Entzückt vom hohen Hügel schau ich ins frühlingsgrüne Tal hinein.

Mit allen Kreaturen bin ich in schönster Seelenharmonie.

Wir sind verwandt, ich fühl es innig, und eben darum lieb ich sie.

Und wird auch mal der Himmel grauer;

wer voll Vertraun die Welt besieht,

den freut es, wenn ein Regenschauer

mit Sturm und Blitz vorüberzieht.

Wilhelm Busch

Heute ist Frühlingsanfang. Und wir haben schon seit Tagen sehr frühlingshaftes Wetter. Morgens und abends noch recht frisch – aber in der Sonne wird es schon ganz schön warm. Gestern mussten wir einfach schon mal den Grill anschmeißen! Frühling – das ist auch die Botschaft: das Leben siegt! Die Lebenskräfte kehren zurück in die Natur. Das Licht ist stärker als die Dunkelheit. Hoffentlich wird es Frühling nun auch in der Ukraine! Hoffentlich siegen die Kräfte des Lebens über die des Todes. Hoffentlich hört der Krieg endlich auf! Hoffentlich gibt es Zukunft – für die Ukraine und für alle Welt. Hoffentlich siegt das Leben und die Gerechtigkeit und der Friede! Gott, bitte hilf , bewege die Herzen, lass das Leben, die Liebe, die Hoffnung siegen!

Bleibt behütet!

„Sammle meine Tränen in deinen Krug; ohne Zweifel, du zählst sie.“ Psalm 56,9 Tageslosung für heute. Der Krug läuft über in der Ukraine. Der Krug läuft über in den Flüchtlingslagern an der Grenze. Der Krug läuft über an den Bahnhöfen bei uns, wenn Frauen und Kinder ankommen, gezeichnet von schrecklichen Erlebnissen, die hinter ihnen liegen, von Trauer und Schmerz um Menschen, die sie zurücklassen mussten. Der Krug läuft über. Aber bei Gott geht keine Träne verloren. Gott zählt sie – das heißt: er weiß um jede einzelne Träne. Er weint sie mit. Kein Schmerz bleibt ihm verborgen. Er empfindet jeden Schmerz mit. Er weiß, wie es den Menschen geht. Er weiß um ihre Verzweiflung. Er weiß, wie es uns alle aufwühlt. Er weiß um die Sehnsucht, dass der Krieg aufhört, und die Hilflosigkeit, die wir empfinden … Der Krug läuft über. Wie lange noch? Bis sich die Verantwortlichen erbarmen und zur Menschlichkeit, Mitmenschlichkeit zurückfinden? Der Krug läuft über, die Zeit läuft davon. Und momentan ist da kein anderer Trost, als Menschen, die sich von den Tränen anrühren lassen. Menschen, die versuchen mit ihren Möglichkeiten etwas Hoffnung dagegen zu setzen. Und Gott, der um jede Träne weiß. – Bleibt behütet.

„Du hast mein Leben aus dem Verderben geführt, Herr, mein Gott.“ (Jona 2,7) – So betet Jona im Bauch des Walfisches. Eigentlich ist noch nichts gerettet. Er vom Walfisch verschlungen. Er könnte verzweifeln. Aber Jona ist sich sicher: den Walfisch hat Gott geschickt! Jona hatte einen Auftrag bekommen – in eine ferne Stadt sollte er reisen und ihnen von seinem Gott erzählen und dass der Untergang der Stadt bevorstehe, wenn sie sich nicht endlich besserten. Jona hatte keinen Bock auf so einen Auftrag. Er lief zum Hafen, heuerte auf einem Boot an, das genau in die entgegengesetzte Richtung fuhr. Und dann kam der Sturm. Die Seeleute warfen ein Los, wessen Gott ihnen so sehr zürne, dass dieser Sturm losgebrochen ist. Und das Los fiel auf Jona. Da wurde es Jona klar: Gott kann man nicht entkommen. Vor ihm kann man nicht weglaufen. Wenn Gott etwas mit uns vorhat – dann wird er das auch tun. Jona bittet: Werft mich über Bord, es ist meine Schuld! – Und genau so geschieht es – Jona über Bord, der Sturm hört im selben Moment auf, aber ein Walfisch verschlingt Jona im Wasser, so dass Jona nicht ertrinkt; und im Bauch des Walfisches überlebt er drei Tage lang. Dann speit ihn der Walfisch aus – wo? Na klar, nahe jener Stadt, in die Gott Jona von Anfang an schicken wollte. Jona versteht: Vor Gott kann man nicht weglaufen – und führt seinen Auftrag aus. „Du hast mein Leben aus dem Verderben geführt, Herr, mein Gott.“ Jona erlebt es so: Wenn wir eigenmächtig unsere Wege gehen und nicht nach Gottes Willen mit uns und für uns fragen, dann führt der Weg ins Verderben. Zumindest nicht zu jener Erfüllung, die nur Gott unserem Leben zu schenken vermag. Drei Tage, drei Nächte im Bauch des Walfisches reichen, dass Jona seinem Gott neu vertrauen lernt: Was immer kommt, was immer geschehe, und wenn ein Weg noch so kompliziert erscheint, Gottes Wille mit uns noch so unmöglich erscheint: vertrau einfach. Gib dich Gott in die Hand. Er weiß, was er tut! –

Bleibt behütet!

Foto: Unser Kater Oskar, ganz entspannt neben der Kalenderbotschaft: „Ich glaube – hilf meinem Unglauben!“

Habt ihr ihn gestern gesehen? Hat er euch womöglich etwas Schlaf gekostet? Der - Vollmond am Himmel? Der letzte Vollmond vor Frühlingsanfang. Deshalb ist Ostern in diesem Jahr so spät. Denn in drei Tagen ist bereits Frühlingsanfang. Und Ostern ist immer am ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond nach Frühjahrsanfang. Also dauert es jetzt noch mal vier Wochen, bis wieder Vollmond ist, und also viereinhalb Wochen bis Ostern. Und doch geht die Zeit für viele ja oft rasend schnell um. Viereinhalb Wochen bis Ostern. Wie wird es bis dahin aussehen in der Welt? Viereinhalb Wochen – wir mussten gerade lernen, dass innerhalb von Tagen, Wochen ganze Weltbilder ins Wanken kommen können, Sicherheiten wegbrechen, existentielle Ängste da sind. Aber am schlimmsten ist momentan die Hilflosigkeit beim Anschauen dieser schlimmen Bilder: Bombenangriffe auf entsprechend gekennzeichnete Krankenhäuser, Zerstörung ganzer Städte. Beschuss sogar von Flüchtlingsströmen. Pure Verzweiflung. „Herr, warum stehst du so ferne, verbirgst dich zur Zeit der Not?“ (Psalm 10,1). So fragt die heutige Tageslosung. Sie könnte nicht aktueller sein. Steht Gott ferne? Oder habt ihr ihn gesehen? Flüchtend mit einem Kind auf dem Arm? Oder in gelber Weste, als Helfer oder Helferin in einem der Flüchtlingslager hinter der polnischen Grenze? Hast du ihn nicht gesehen am Steuer des Konvois, der Hilfsgüter gerade Richtung Ukraine fährt? Ob er auch hinter der Waffe des Ukrainers steht, der seine Heimat und alles, was ihm so viel bedeutet, mit seinem Leben verteidigen will? Oder ist er eher bei dem, der seine Waffe weglegt, weil er unsicher wird, ob der Preis von all dem nicht zu hoch ist? Ich weiß es selber nicht mehr genau. Freiheit ist Gott etwas ganz Wesentliches, das durfte das kleine Volk Israel schon oft erleben, dass sich so oft gegen eine Übermacht verteidigen musste. Und der Weg zu Versöhnung und Friede ist ihm wichtig. Und Hilfe, nicht nur reden, handeln, etwas tun. Fern ist er nicht in diesen Tagen, unser Gott. Sehr nahe begegnet er uns in denen, die leiden. In denen, die helfen. In denen, die sich so zerrissen gerade fühlen, wie es ihn gerade zerreißt.

Bleibt behütet!